Glaubenssätze und tiefe innere Überzeugungen

Ein gemeinsamer Text von Susan Renner Haas und mir

 

Glaubenssätze sind tiefe innere Überzeugungen die sich in der Kindheit entwickeln und durch wiederkehrende Erfahrungen entstehen. Sie entwickeln sich zum größten Teil in unseren ersten Lebensjahren bis zum 6. oder auch 8. Lebensjahr. In diesen Jahren erfahren wir in erster Linie, wer wir sind und wer die Welt ist durch die Spiegelung unserer engsten Bezugspersonen.

Diese inneren, sehr etablierten Überzeugungen beeinflussen unser ganzes Denken, Fühlen und Handeln. Sie resultieren aus den Ansichten auf uns, die Welt und das Leben, die uns unsere nächsten Menschen als ihre Realität weitergeben.

In wissenschaftlichen Studien hat sich gezeigt, dass die meisten Glaubenssätze den Selbstwert, Beziehungen und die eigene Kompetenz betreffen.

Viele von unseren Glaubenssätzen sind uns bewusst, aber sehr viele tauchen im Laufe unseres Lebens ins Unterbewusstsein ab, wir „verinnerlichen“ sie und sie werden so zu unserem Blick auf uns und auf die Welt.

Die unbewussten Glaubenssätze sind besonders machtvoll, weil sie unser Handeln, unser Denken und unser Fühlen beeinflussen, scheinbar ohne das wir einen Einfluss darauf haben.

Da wir uns unserer gefärbten Sicht aber nicht bewusst sind, werden wir also sozusagen von ihr fremdgesteuert. Die Glaubenssätze bleiben, wenn wir sie nicht reflektieren, bzw. uns ihr Vorhandensein nicht bewusst machen, ein Leben lang bestehen und können so zu einem Gefängnis im Fühlen, Denken und Handeln werden.

Hier einmal die vereinfachte Darstellung wie so ein Glaubenssatz entstehen kann:

Wiederkehrende Erfahrung à Das Kind wird dadurch geprägt à   daraus entsteht eine Überzeugung                  

Ein Beispiel:

Eine enge Bezugsperson sagt: Das hast Du falsch gemacht! Nie machst Du etwas so, wie Du sollst.            

Das Kind denkt: Egal wie ich mich anstrenge: Nichts mache ich richtig.

Daraus entsteht dann z.B. die Überzeugung: Ich bin nicht gut genug.

Jede/r von uns trägt Glaubenssätze in sich. Sie können positiv und stärkend, aber auch negativ, blockierend und sehr destruktiv sein.

Destruktive Glaubenssätze sind anklagend, klein machend, abwertend, vernichtend, kontrollierend, fordernd oder katastrophierend, oder gleich mehreres davon.

Konstruktive Glaubenssätze sind ressousierend, unterstützend und Halt gebend. Sie gleichen oft Mantren, kleinen Gebeten, oder Affirmationen.

Das heißt, sehr destruktive, etablierte Glaubenssätze können das Leben wirklich sehr schwer machen, während positive und stärkende Glaubenssätze können sehr unterstützen und stärken. Oft existiert in uns eine bunte Mischung aus beiden. Viele destruktive Glaubenssätze können sich zu einem ganzen System, einem Glaubenssystem zusammenfügen, das mich dann durch diese gefärbte Brille die Realität auf eine bestimmte Weise wahrnehmen lässt.

Also fördern positive Glaubenssätze unseren Selbstwert und unsere innere Stärke. Sie wirken sich positiv auf unser Wohlbefinden und auch auf unsere Sicht auf diese Welt aus. Das ist eine super Basis für ein glückliches Leben und eine ganz wunderbare und wohltuende Ressource für nicht so schöne Zeiten.

Problematisch wird es bei negativen Glaubenssätzen, sie führen genau zum Gegenteil. Sie sorgen dafür, dass wir uns abwerten, ständig an uns zweifeln und uns im Weg stehen. Sie haben die Macht unser Leben zu sabotieren und uns zu blockieren.

Übrigens: die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu leben kann mit regiden Glaubenssätzen wirklich schwierig sein.

 

Angenommen Du hast den Glaubenssatz: Geld verdirbt den Charakter. Du gibst alles in der Arbeit, bringst Dich ein, arbeitest super viel und hast eine Gehaltserhöhung mehr als verdient.  Du arbeitest viel zu viel für das was Du momentan verdienst. Du beschließt das zu ändern und bereitest Dich intensiv auf ein Gespräch mit Deinem Chef vor. Du traust Dich das anzusprechen. Dein Chef wird eigentlich gar nicht anders können, als Dir die Gehaltserhöhung geben.

Der Tag des Gesprächs ist da, Du bist zwar nervös, aber nach Deiner Vorbereitung, Deinen Argumenten kann da gar nichts schief gehen.

Denkst Du – und was passiert?

Dein Chef bringt ein zwei schwache Gründe warum es der Firma leider gerade nicht gut geht oder was auch immer – und deswegen ist es gerade nicht möglich Dir die gewünschte Gehaltserhöhung zu geben – und Du knickst sofort ein. Alle Deine Vorsätze und zurechtgelegten Argumente dieses Mal nicht einzuknicken sind verschwunden, so als ob Du Dich nicht darauf vorbereitet hättest. Alles weg. Und Du ärgerst Dich maßlos. Nein nicht über Deinen Chef, sondern über Dich selbst.

Was ist passiert?

Der Teil in Dir, der von dem Glaubenssatz „Geld verdirbt den Charakter“ gesteuert wurde, ist heilfroh aus der Nummer heraus zu sein. Das Absurde daran: Je mehr Geld Du verdienst, desto schlechter Dein Charakter. Der Teil in Dir, der ein guter Mensch sein möchte, ist stärker, als der Teil der mehr Geld möchte.

Wäre Dein Glaubenssatz, Deine feste innere Überzeugung: „Geld ist ein fairer und angemessener Ausgleich für meine Arbeit, meine Energie und meine Zeit, die ich dem Unternehmen schenke“ dann wäre es ein anderer Ausgang gewesen. würdest Du diesen Glaubenssatz vertrauen, dann wärst Du für Dich einstehen und Dich und Deine Überzeugungen nicht verlassen.

Unsere Glaubenssätze sind so viel mehr als nur Glaubenssätze. Sie sind unsere Wahrheit. Wir glauben das.

Habe ich den Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ wird dieser mich immer und überall begleiten. In allen Lebenslagen. Das ist dann meine gefühlte Wahrheit.

Wenn mich Menschen dann nicht gut behandeln, dann ist das wieder der Beweis dafür, dass ich nicht gut genug bin. Dadurch verankert sich dieser Glaubenssatz immer tiefer.

 

Um Glaubenssätze verändern zu können muss ich sie erstmal erkennen. Nur was bewusst ist, kann ich verändern.

Hier ein paar spannende Forschungsfragen:

Was denke ich über die Menschen?

Was denke ich über die Welt?

Was denke ich über das Leben?

Was denke ich über mich selbst?

Welche Vorstellungen habe ich über das was passieren wird?

Wie bewerte ich Dinge, Situationen und Menschen?

Was wünsche ich mir für mein eigenes Leben?

Und was hält mich zurück?

Erlaube Dir einen Blick auf Situationen,

  • die Dich wütend gemacht haben.
  • in denen Du Dich unwohl und missverstanden gefühlt hast.
  • in denen Du Dich nichtgesehen gefühlt hast.
  • die Dich traurig gemacht haben.

Was ist genau passiert? Was hat in Dir diese Gefühle ausgelöst? Welche Gedanken hattest Du in den Situationen? Welche Überzeugungen könnten hinter den Gedanken stecken?

Falls Du einen Glaubenssatz von Dir identifiziert hast, erlaube dir einmal zu spüren, wie sich dieser Satz in Dir anfühlt. Auf der körperlichen Ebene, auf der Gefühlsebene und auch im Denken.

Und dann drehe den Satz einmal radikal um, formuliere ihn positiv.

Z.B. aus „Ich bin nicht gut genug.“ Wird „So wie ich bin, bin ich genau richtig“

Und dann erlaube Dir wieder auf allen Ebenen zu spüren, wie sich Dein neuer Satz in Dir anfühlt und lasse Dich in der nächsten Zeit von ihm begleiten, so lange, bis er Dir vertraut ist.  😊

 

Wie kann es gelingen, dass Glaubenssätze sich verändern dürfen? Oftmals sind unsere Glaubensätze zu unserem Schutz entstanden. Sie mussten Dich schützen, um den Schmerz auszuhalten, nicht als das Wesen wahrgenommen zu werden, dass Du bist. Sie stellten eine innere Realität dar, die Du übernehmen musstest, um das aushalten zu können. (Evtl. hast Du sogar still und leise gegen ihn rebelliert?)

Es braucht also, damit Du dieses Glaubenssystem wandeln kannst eine liebevolle Zuwendung zu Dir. Eine Zuwendung, in der Du Dir erlauben kannst, Raum für eine neue Realität zu schaffen. Wir sind, auch wenn Glaubenssätze sehr rigide sind, dennoch in allen Lebensjahren in der Lage unser Leben in unsere Hand zu nehmen und zu verändern. Um diese Veränderung gestalten zu können, ist es wichtig in Verbindung mit Dir zu gehen. Du darfst erkennen, dass es einen unversehrten Teil in Dir gibt. Zu diesem Teil darfst Du Kontakt aufnehmen – den darfst Du kennenlernen. Das klingt für Deine Ohren evtl. sehr theoretisch und vielleicht hast Du keine Vorstellung, wie das gelingen kann. Dann mag es sinnvoll sein, Dir Unterstützung zu holen, oder/und Dich mit Gleichgesinnten zusammen zu tun.

Und ich bin davon überzeugt, dass ein Teil von Dir den unversehrten Anteil kennt und dass ein tiefes Wissen und Erkennen von dem Unversehrten in Dir vorhanden ist. Du kennst vielleicht das Gefühl im Flow zu sein, in dem Dir die Dinge die Du tust, ohne Anstrengung gelingen, in dem Beziehungen mühelos sind und allem eine gewisse Leichtigkeit innewohnt. In solchen Momenten bist Du in guter Verbindung mit Dir selbst.

Du darfst Dir Zeit nehmen für neues Erleben und indem Du Dich Dir zuwendest schaffst Du Raum für Heilung in Dir. Und in dem Du dich dem zuwendest, ganz liebevoll und neugierig, machst Du langsam wohltuende Erfahrungen, die dich nach und nach die alten, festgefahrenen Glaubenssätze verabschieden lassen. Und so können nach und nach, durch neue Erfahrungen die alten Glaubenssätze transformiert werden.

Es liegt also ganz viel in Deiner Macht und in Deinen Möglichkeiten, alte Glaubensätze zu wandeln, wenn Du es Dir gönnst, Dich Dir und Deinen unversehrten Anteilen zuzuwenden. Z.B. Indem Du Dich mit Menschen umgibst die Dich mögen und die Dich schätzen. Kontexte meidest in denen Deine alten Glaubenssätze bedient und bestätigt werden. Pflege Partnerschaften und Freundschaften in denen es Heilsames zu lernen gibt.

Alle Räume in denen Du Dich geschützt, in denen Du Dir mit Wohlwollen begegnen kannst, sind Räume in denen Du eine andere, neue Erfahrung etablieren kannst. Neue Erfahrungen bringen neue Prägungen und somit neue Glaubensätze und einen liebevollen Umgang mit Dir selbst.

Sei sanft und liebevoll mit Dir und vor allem, bleibe neugierig.

Susan und Chris