Selbstfürsorge

In der Vor-Weihnachtszeit, die wir ja auch die Adventszeit, oder die besinnliche Zeit nennen, sind so viele Menschen im Stress und finden kaum Ruhe für sich selbst. Vielleicht ist das eine gute Zeit einmal über die Selbstfürsorge nachzudenken?

 

Selbstfürsorge im Wortsinn heißt, so wie ich es verstehe, Sorge tragen für mein Selbst. Wobei Sorge in diesem Zusammenhang nicht das grüblerische Nachdenken bedeutet, sondern ich das Sorgen eher als umsorgen, eher als hegen und pflegen meiner Selbst verstehe.

Das impliziert auch, dass ich mich wichtig und meine Bedürfnisse ernst nehme. Aufmerksam bin für meine Wünsche und Impulse, meine Grenzen achte und ich mich um ein liebevolles und wohltuendes Umfeld kümmere.

 

Es ist vielleicht ganz gut zu verstehen (vielleicht aber auch nicht), dass ich das Zentrum meines Lebens bin. Ich bin diejenige, die mein Leben lebt und gestaltet und bestenfalls auch liebt. Ich bin diejenige, die bei all dem was ich erlebe dabei bin, Die fühlt, wie es mir geht, die, wenn es gut läuft, meine Bedürfnisse und meine Grenzen kennt. Ich bin das Zentrum meines Lebens und die Kraftquelle meines Seins.

(Ich spreche hier nicht davon, ob es eine Instanz gibt, die eventuell größer ist als ich und mein Leben lenkt. Das könnten wir an anderer Stelle besprechen.)

Aber wenn ich jetzt davon ausgehe, dass ich der Mittelpunkt meines Lebens bin, dann ist es doch durchaus sinnvoll, mich auch in angemessene Art und Weise um mich zu kümmern. Geduldig, achtsam, wohlwollend und wertschätzend mit mir zu sein, damit ich in der Lage bin ein möglichst klaren, weiten und liebevollen Blick auf mich selbst, die Welt und seine Menschen und alle Lebewesen zu werfen.

Da dürfen wir uns natürlich die Frage stellen, wo sich Selbstfürsorge von     Egoismus unterscheidet?
Letztendlich könnte ich all mein Handeln als egoistisch beschreiben, denn mein Handeln kommt aus mir heraus, ich bin diejenige, die die dieses Handeln vollzieht, ob selbst gewählt oder auch nicht. Also passiert all mein Handeln durch mich und aus mir selbst heraus und könnte deswegen auch egoistisch genannt werden, selbst das Handeln, dass sich auf Andere ausrichtet.

Einer meiner Lehrer, Eberhard Bärr sagt einmal im Unterricht: “Alles was wir tun, tun wir für unser gutes Gefühl.“

Ein Satz, der mich erst einmal stutzig gemacht hat, dem ich aber im Grunde zustimme. Wobei natürlich noch zu erörtern wäre, ob das, was mir ein gutes Gefühl macht auch wirklich gut für mich ist.

Im besten Falle kümmere ich mich gut um mich und dann auch um meine Lieben.

Egoismus beginnt für mich da, wo ich mich über die Grenzen anderer hinwegsetze, wo ich eventuell sogar bewusst verletzend bin, oder ich ohne Rücksicht meine eigenen Interessen durchsetze.

Mich gut um mich selbst zu kümmern fällt für mich in den Bereich der Selbstfürsorge und nicht in den Bereich Egoismus. Selbstfürsorge setzt mich ins Zentrum, ist aber nicht gleichzeitig gegen jemanden gerichtet.

Das zu sehen ist manchmal gar nicht so leicht, besonders wenn ich gelernt habe, dass ich nicht wichtig bin, dass ich nur etwas wert bin, wenn ich mich um Andere kümmere

Selbstfürsorge bedeutet für mich, sich auf die Suche zu machen nachdem was mich wirklich auszeichnet.

Nach dem, was mich einzigartig macht, was mich meinem wahren Wesenskern näher bringt. Selbstfürsorge bedeutet für mich mir zu erlauben zu wachsen, bedeutet, mir meinen eigenen Fragen zu stellen und meine ganz persönlichen Antworten zu finden. Bedeutet, dass ich mir Zeit nehme, um herauszufinden, was mir gut tut, was mich näher zu mir bringt und mich auf dieser Suche evtl. begleiten zu lassen. Bedeutet für mich neugierig auf das Leben zu bleiben.

Selbstfürsorge bedeutet für mich, immer mehr der Mensch zu werden, als der ich eigentlich gedacht bin.
Es bedeutet für mich, mir ein Raum zu kreieren, indem ich sicher bin und mich ohne Angst zeigen darf.

Es bedeutet für mich, mir meine Schattenseiten anschauen zu dürfen, ohne mich zu verurteilen. Mir sicher zu sein, dass ich immer noch Mensch bin, auch wenn ich den an mich gestellten Ansprüchen nicht genüge, auch wenn ich Andere enttäusche.

Ich mich selbst lieben darf, mit all meinen vermeintlichen Mängeln und Macken.

Und ich Respekt dafür habe, dass ich immer noch kämpfe und an mein Wachstum glaube.

Es bedeutet für mich, mich aus unguten Situationen zu entfernen und mich in Sicherheit zu bringen und nicht auszuhalten.

Selbstfürsorge heißt, mich anzuerkennen und zu respektieren für mein Geworden sein. Das bedeutet mich nicht zu manipulieren oder mich verändern zu wollen, sondern immer mehr zu verstehen wer ich wirklich bin.

Und dabei geht es nicht um Leistung oder scheitern, sondern einfach darum anzuerkennen was ist.

Vielleicht könnte ich das Wort auch mit H schreiben. Selbstführsorge. Und zwar in dem Sinne, dass mein Selbst am besten weiß, welche Sorge ich brauche, es mich führt und lenkt und ich immer mehr lernen darf, dieser inneren Stimme zu vertrauen.

Selbstfürsorge bedeutet für mich, in einem Satz gesagt, eine liebevolle Beziehung zu mir selbst aufzubauen.